Arbeit im Stehen darf nicht krank machen

06.01.2020

Auswertung der Antwort der Bundesregierung auf schriftliche Fragen im Oktober 2019 (Arbeitsnummern 478 - 481) von Jutta Krellmann u.a., Fraktion DIE LINKE im Bundestag

Zusammenfassung:

Mehr als die Hälfte aller Beschäftigten gibt an häufig im Stehen zu arbeiten. Mehr als ein Viertel davon fühlt sich belastet. Während 2018 im Vergleich zu 2006 weniger Beschäftigte angeben häufig im Stehen zu arbeiten (56 zu 54 Prozent), fühlen sich mehr Beschäftigte davon belastet (22 auf 27 Prozent). Männer sind häufiger betroffen und Frauen fühlen sich stärker belastet.

Beschäftigte in bestimmten Berufen arbeiten besonders häufig im Stehen. Betroffene Branchen sind Lebensmittelherstellung und Verarbeitung, Hoch- und Tiefbau, Gartenbau und Floristik (alle gerundet 92 Prozent), Reinigung (90 Prozent) sowie (Innen-)Ausbau (89 Prozent). Fast alle Frauen in der Lebensmittelverarbeitung sind betroffen (98 Prozent), während bei den Männern der Bau Spitzenreiter ist (93 Prozent). Am wenigsten im Stehen gearbeitet wird in der Finanzbranche (8 Prozent), in  Verwaltung und Recht sowie der IT-Branche (beide 9 Prozent).

Negative Gesundheitsfolgen gehen mit Arbeit im Stehen einher. Es kommt zu Beschwerden des Bewegungsapparates wie Rücken- und Beinbeschwerden sowie Ermüdungserscheinungen. Auch venöse Erkrankungen wie Krampfadern sind eine Folge. Bei Schwangeren kann es zu besonderen Problemen kommen.

Arbeitgeber müssen negative Gesundheitsfolgen minimieren bzw. eindämmen, die von Arbeit im Stehen verursacht werden.Dazu sind sie durch das Arbeitsschutzgesetz rechtlich verpflichtet. Auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung müssen die erforderlichen Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes getroffen werden. Den Beschäftigten sind Sitzgelegenheiten am oder in der Nähe des Arbeitsplatzes zur Verfügung gestellt werden.

O-Ton Jutta Krellmann, MdB, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit, DIE LINKE im Bundestag:

„Arbeit darf nicht krank machen. Dass gilt gerade für Beschäftigte die körperlich hart arbeiten. Wer den ganzen Tag auf den Beinen ist, muss besonders geschützt werden. Viele Arbeitgeber drücken sich um den Arbeitsschutz. Nur in jedem zweiten Betrieb wird eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt. Wir brauchen endlich wieder flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen. Die Bundesregierung muss hierfür die Rahmenbedingungen schaffen.“

Hintergrund:

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) führt alle sechs Jahre eine Beschäftigtenbefragung mit 20.000 Teilnehmenden zu Arbeitsbedingungen und Belastungen durch. Beschäftigte werden danach befragt, ob eine Tätigkeit „häufig, manchmal, selten oder nie“ vorkommt. Die Frage „Belastet Sie das?“ wird nur Personen gestellt, die die entsprechende Frage mit „häufig“ beantwortet haben (vgl. BAuA 2018, S. 25).

Beschäftigte sollten im Laufe des Arbeitstages zwischen der sitzenden und der stehenden Körperhaltung wechseln können. Im Allgemeinen ist als Hauptarbeitshaltung eher das Sitzen als das Stehen zu bevorzugen. Knien, Kriechen und Liegen sollte als Arbeitshaltung soweit möglich vermieden werden. Von gesundheitsförderlichen Arbeitsbedingungen kann gesprochen werden, wenn es gelingt, den Hauptanteil der täglichen Arbeitszeit in regelmäßigem Wechsel von Arbeiten im Sitzen, Stehen und Gehen zu gestalten. Eine ausgewogene Belastung soll ca. 60 Prozent Sitzen, ca. 30 Prozent Stehen und ca. 10 Prozent Gehen beinhalten.

Die Handlungsanleitung des Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik „Bewegungsergonomische Gestaltung von andauernder Steharbeit“ (2009) erläutert verschiedene Gestaltungsmaßnahmen: Andauerndes Stehen vermeiden, Arbeitserweiterung, Arbeitsplatzwechsel: stehende Arbeit und Arbeit im Sitzen, Mischarbeit/ Gruppenarbeit, Pausengestaltung, Maßliche Gestaltung des Arbeitsplatzes, Stehhilfen, Fußbodengestaltung, Kompressionssocken oder -strümpfe, Geeignetes Schuhwerk, Gesundheitsbewusstes Verhalten. (Quelle: Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM): https://www.bghm.de/arbeitsschuetzer/fachinformationen/ergonomie-und-arbeitsplatzgestaltung/sitz-und-steharbeitsplaetze/, heruntergeladen am 15.11.2019).

Antwort der Bundesregierung

Auswertung der schriftlichen Fragen

Bericht Redaktionsnetzwerk Deutschland