Arbeitszeiten in Deutschland

02.09.2016

Auswertung der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Arbeitszeiten in Deutschland“ (Drs. 18/9257) von Jutta Krellmann u.a. und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

Immer mehr Beschäftigte in Deutschland arbeiten länger, öfter abends, nachts und am Wochenende: die Zahl der Beschäftigten, die regelmäßig länger als 48 Stunden pro Woche arbeiten, stieg in den letzten 20 Jahren deutlich an: von 1,3 Mio. (4,2%) im Jahr 1995 auf 1,7 Mio. (4,8%) im Jahr 2015. Knapp ein Viertel der Beschäftigten arbeitet regelmäßig nach 18 Uhr: 1995 waren es noch 5 Mio. Beschäftigte, im vergangenen Jahr 8,8 Mio. Immer mehr Beschäftigte arbeiten nachts (zwischen 23 und 6 Uhr): Ihre Zahl stieg von 2,4 Mio. (1955) auf 3,3 Mio. (2015) an.

Über alle Branchen hinweg ist seit 1995 ein erheblicher Anstieg der regelmäßigen Wochenendarbeit (samstags oder sonntags und an Feiertagen) festzustellen: 1995 waren 6 Mio. Beschäftigte (18,8%) regelmäßig am Wochenende bei der Arbeit, 2015 waren es 8,8 Mio. (24,7%). Die regelmäßige Sonn- und Feiertagsarbeit traf 1995 2,9 Mio. Beschäftigte (9,1%), 2015 waren es schon knapp 5 Mio. (13,8 % der Beschäftigten). Im Schichtdienst arbeitet heute jeder sechste Beschäftigte: 1995 waren es noch 3,8 Mio. im letzten Jahr 5,6 Mio. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Diese atypischen Arbeitszeiten bergen laut Bundesregierung mit Verweis auf verschiedene Studien, durch den damit verknüpften erhöhten Stress bei den Beschäftigten gesundheitliche Gefahren. So birgt bspw. Nachtarbeit ein erhöhtes Risiko für Erschöpfungszustände, Schichtarbeiter seien häufig von Herz-Kreislauf-Erkrankungen betroffen und Wochenendarbeit erhöhe das Risiko für Burnout.

Das Arbeitsvolumen aller abhängig Beschäftigten ist seit 1995 relativ stabil (400.000 Stunden mehr als 1995 bei einem Gesamtvolumen von 56,3 Mio. Stunden im vergangenen Jahr). Gleichzeitig stieg jedoch die Gesamtzahl der Kernerwerbstätigen, also der abhängig Beschäftigten von 30 Mio. auf 32 Mio. an. Wieder zeigt sich: die gleiche Menge Arbeit wird nur verteilt auf mehr Beschäftigte, atypische Beschäftigung, wie Minijobs und Teilzeit bleiben auf dem Vormarsch.

Aufgrund stark abweichender Angaben der Überstunden (nominal sowie deren Entwicklung) zwischen den Daten des Instituts für Arbeits- und Berufsforschung und den Daten des Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes prüfen wir derzeit deren Ursache. Die für 2015 erhobenen Daten auf Grundlage des Mikrozensus finden Sie unter den ausgewählten Ergebnissen.

Dazu erklärt Jutta Krellmann, gewerkschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag:

„Immer mehr Menschen arbeiten schon jetzt abends, nachts oder am Wochenende. Aber anstatt der Ausbreitung atypischer Arbeitszeiten und den damit verbunden gesundheitlichen Risiken einen Riegel vorzuschieben, will Bundesarbeitsministerin Nahles das Arbeitszeitgesetz noch weiter aufweichen. Das ist ein schlechter Witz. Ich fordere Frau Nahles auf, sich in der Debatte
um flexible Arbeitszeiten endlich an den Bedürfnissen der Beschäftigten zu orientieren statt nur an denen der Unternehmen. Eine wirksame Anti-Stress-Verordnung und die Reduzierung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit wären wegweisende Signale.“

 

Die 76-seitige Antwort der Bundesregierung finden Sie hier.

Eine Zusammenfassung, sowie die Ergebnisse im Einzelnen, finden Sie hier: Arbeitszeiten in Deutschland