BAMF: "Betriebsklima der Angst und Unsicherheit"

08.08.2017

Nahezu die Hälfte aller Jobs im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind aktuell sachgrundlos befristet. Viele der befristet Beschäftigten, deren Verträge dieses Jahr auslaufen, sind von Jobverlust bedroht oder haben ihren Job bereits verloren. Eine Übernahme erfolgte 2017 nur in 1,2 Prozent der Fälle. Seit Anfang 2017 hat das BAMF 1.119 befristete Stellen auslaufen lassen. Gleichzeitig wurden 647 neue Stellen ausgeschrieben, davon erneut 630 mit sachgrundloser Befristung.

O-Ton Klaus Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

„Das BMAF betreibt Personalpolitik nach Gutsherrenart. Mit dem beliebigen Beschäftigen und Kündigen von Personal organisiert die öffentliche Hand ein innerhalb der Belegschaft. Ein unerträglicher Zustand. Bundesinnenminister de Maizière muss endlich ein Entfristungskonzept vorlegen, dass allen sachgrundlos Befristeten mit einbezieht, bevor neue Stellen ausgeschrieben werden. Der Möglichkeit, Befristungen als verlängerte Probezeit zu missbrauchen, muss endlich per Gesetz ein Riegel vorgeschoben werden. Sachgrundlose Befristungen müssen abgeschafft werden.“

O-Ton Jutta Krellmann, gewerkschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

„Diese Personalpolitik ist fatal, sowohl für die Beschäftigten als auch die Asylsuchenden. Denn gerade beim BAMF, wo über das Leben hunderttausender Menschen entschieden wird, müssen sich die Beschäftigten ohne Existenzangst und übermäßigen Stress auf die Arbeit konzentrieren können. Da verwundert es nicht, wenn immer wieder über Fehler bei der Fallbearbeitung berichtet wird.“

O-Ton Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

„Das Grundrecht auf Asyl wird hier einer mit heißer Nadel gestrickten und nur auf Erfüllung von Quoten ausgerichteten üblen Personalpolitik geopfert. Durch kurzfristig und unzureichend ausgebildetes Personal, die systematische Trennung von Anhörer und Entscheider, unqualifizierte Dolmetscher sowie Anhörungen und Entscheidungen unter hohem Zeitdruck kommt es zu Ablehnungen von Flüchtlingen im Fließbandverfahren. Es muss Schluss sein damit, das Grundrecht auf Asyl einer geschönten Statistik zu opfern.“

Die Antworten im Detail

Anzahl und Anteil der befristet Beschäftigten im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)

Im Jahr 2014 war 12,1 Prozent des Gesamtpersonals (das entspricht 276,5 Vollzeitäquivalenten) des BAMF befristet beschäftigt. Im aktuellen Quartal (2/17) ist der Anteil auf 46,5 Prozent angewachsen (3.590,3 VZÄ). Den Höchstanteil befristet Beschäftigter an allen Beschäftigten gab es mit 51 Prozent im vierten Quartal 2016 (4581,9 VZÄ). (vgl. Antwort auf Schriftliche Frage 7/149, Juli 2017)

Sachgrundlose Befristungen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)

Der überwältigende Teil alle befristete Tarifbeschäftigungen 2014 bis 2017 sind ohne Sachgrund (6.110 Beschäftigte). Nur rund 0,47 Prozent der befristeten Beschäftigungen sind mit Sachgrund (29 Beschäftigte). (vgl. Antwort auf Schriftliche Frage 7/150, Juli 2017)

Übernahmerate

Im Jahr 2017 wurden lediglich 1,2 Prozent der befristet Beschäftigten entfristet und übernommen (43 Beschäftigte). 1.119 befristete Beschäftigungsverhältnisse wurden beendet. Das entspricht 31 Prozent aller befristeten Beschäftigungsverhältnisse. Im Jahr 2016 wurden 4,5 Prozent der befristet Beschäftigten übernommen (154 Beschäftigte) und 655 (19 Prozent) der befristeten Beschäftigungsverhältnisse beendet. (vgl. Antwort auf Schriftliche Frage 7/151, Juli 2017)

Aktuelle Ausschreibungen / Neueinstellungen

Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind von 647 geplanten Neueinstellungen (154 Stellenausschreibungen) 630 Stellen sachgrundlos befristet (139 Ausschreibungen). Damit sind 97,4 Prozent aller Neueinstellungen sachgrundlos befristet. (vgl. Antwort auf Schriftliche Frage 7/154, Juli 2017)

Entfristungskonzept

Nur rund die Hälfte der ab Juli 2017 ablaufenden befristeten Stellen (56 Prozent) sollen nach dem Prinzip der „Bestenauslese“ entfristet werden. (vgl. Antwort auf Schriftliche Frage 7/155, Juli 2017)

Link zu den Antworten der Bundesregierung auf meine Fragen: 149, 150, 151

Link zu den Antworten der Bundesregierung auf die Fragen von Klaus Ernst: 154, 155