Befristungen im öffentlichen Dienst

17.02.2016

»Der Staat setzt sich selbst Schachmatt«

Auswertung der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Befristete Beschäftigung im öffentlichen Dienst“ (BT-Drs. 18/7342) von Jutta Krellmann u.a. und der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Der demografische Wandel im öffentlichen Dienst ist im vollen Gang. Obwohl ein Großteil der Beschäftigten bald in Rente geht, verhält sich der Staat kontraproduktiv und befristet systematisch den Nachwuchs. Mehr als eine halbe Million Menschen (545.000) werden im öffentlichen Dienst nur befristet angestellt. Dies entspricht einer Quote von 10 Prozent.

Der Anteil der sachgrundlos befristet Beschäftigten im öffentlichen Dienst hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. 2004 gab es bei 17,5 Prozent der befristet Beschäftigten keinen sachlichen Grund für die Befristung, im Jahr 2013 bei 35,7 Prozent. In absoluten Zahlen kam es in diesem Zeitraum zu einer Verdreifachung: von 46.000 auf 150.000 sachgrundlos befristete Beschäftigte.

Im öffentlichen Dienst werden bis zum Jahr 2020 17,7 Prozent der jetzigen Beschäftigten in Rente gehen, im Jahr 2030 werden im Vergleich zu heute sogar fast die Hälfte (48,7 Prozent) der derzeit Beschäftigten ausgeschieden sein. Trotzdem erfolgt nahezu jede zweite Neueinstellung im öffentlichen Dienst befristet: Der Anteil der befristeten Neueinstellungen lag 2014 im öffentlichen Dienst bei 48,6 Prozent, in der Privatwirtschaft im gleichen Jahr bei 31 Prozent. Die Hälfte (49,9 Prozent) der befristet Beschäftigten im öffentlichen Dienst 2014 war 25 bis 34 Jahre alt, über ein Zehntel (11,3 Prozent) unter 25 Jahre.

Zusätzlich hat sich die Befristungsdauer der 25- bis 34-jährigen von 31,1 (2004) auf 35 Monate erhöht (2014): Damit sind diese Beschäftigten im öffentlichen Dienst fast drei Jahre im Durchschnitt befristet und liegen damit fast 2 Jahre über der Befristungsdauer in der Privatwirtschaft. Die Befristungsdauer im öffentlichen Dienst steigt insgesamt: Von durchschnittlich 34,4 Monaten in 2004 auf 38,2 Monate in 2014. Die durchschnittliche Beschäftigungsdauer in der Privatwirtschaft liegt somit 1,5 Jahre unter der im öffentlichen Dienst. Beschäftigte, die 45 Jahre oder älter sind, haben die längsten Befristungsdauern von fast 5 Jahren (57,1 Monate). Dieser Wert ist seit 2004 unverändert hoch und war zwischenzeitlich noch höher.

Dazu erklärt Jutta Krellmann, gewerkschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag:

„Mit den erfahrenen Beschäftigten geht langfristig auch deren Wissen mit in Rente. Kein Wunder, dass die Arbeit im öffentlichen Dienst für junge Leute unattraktiv ist und sie nicht befristet arbeiten wollen. Gutes qualifiziertes Personal bekommt man auf Dauer nur durch gute Arbeit und gute Entlohnung. Der Staat investiert über Jahre nicht in die Beschäftigten seiner Verwaltung, stopft reflexartig Löcher und macht sich so auf Dauer überflüssig. Der Ausverkauf hat begonnen, die Verwaltung soll genauso privatisiert werden, wie die öffentliche Daseinsvorsorge. Das ist Outsourcing öffentlicher Aufgaben nach neoliberaler Blaupause; ergo staatlich organisiertes Management by Chaos. Und dieses Chaos erleben wir derzeit in der ganzen Republik in Echtzeit.“

 

Die 64-seitige Antwort der Bundesregierung finden Sie hier.

Eine Zusammenfassung, sowie die Ergebnisse im Einzelnen, finden Sie hier: Befristungen im öffentlichen Dienst