Betriebs- und Personalrätekonferenz "Stress lass nach" 4.12.2012 in Hannover
05.12.2012
"Die Zeit war reif für diese Betriebs- und Personalrätekonferenz",
resümiert Jutta Krellmann, Sprecherin für Arbeit und Mitbestimmung der
Fraktion DIE LINKE, die rege Beteiligung und Debatte zum Thema "Stress
in der Arbeitswelt" auf der Konferenz am 4. Dezember in Hannover. Gut 80
Betriebs- und Personalräte sowie Mitarbeitervertretungen überwiegend
aus Niedersachsen berichteten und diskutierten den vielfältigen Anstieg
der Arbeitsbelastung. Sie berichteten, welche Strategien sie als
Gewerkschaften und Interessenvertretung in der Hand haben und wo
gesetzliche Regulierungen notwendig sind, um dem Stress die Stirn zu
bieten. Einig war man sich, dass der Stress vielfältige Ursachen hat und
dass Lösungsansätze deswegen auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen
müssen.
Bernd Riexinger, Parteivorsitzender der LINKEN, sieht den Grund für den
steigenden Stress in der wachsenden Entgrenzung der Arbeit. Die
Deregulierung auf dem Arbeitsmarkt und die massive Ausdehnung des
Niedriglohnsektors haben die Arbeitswelt verändert. "Das Kapital hat es
geschafft, ein neues Produktions- und Ausbeutungsmodell durchzusetzen.
Das baut zum hohen Maße auf Spaltungsprozessen auf. Stamm- und
Randbelegschaft stehen darin permanent in Konkurrenz zueinander“, so
Riexinger.
Karoline Kleinschmidt (IG Metall) und Horst Riesenberg-Mordeja (Ver.di)
stellten ihre konkreten Vorschläge zur Verbesserung vor. Karoline
Kleinschmidt betonte, dass die IG Metall mit ihrem Vorschlag einer
Anti-Stress-Verordnung den Zahn der Zeit getroffen hat. Die Medien haben
breit darüber berichtet und mit nahezu allen Bundestagsfraktionen führe
man seitdem Diskussionen. Horst Riesenberg-Mordeja betonte, dass
Stress und psychische Belastung kein klassisches Führungskräfteproblem
sei. Laut aktueller Erkenntnisse sind es gerade Gesundheits- und
Erziehungsberufe die die höchste psychische Belastung für die
Beschäftigten aufweisen.
Als wirtschafts- und arbeitspolitische Sprecherin für Wirtschafts- und
Arbeitspolitik der Fraktion DIE LINKE im niedersächsischen Landtag hob
Ursula Weisser-Roelle in ihrem Beitrag die mangelnden Kontrollen der
Landesbehörden beim Arbeitsschutz vor und betonte, dass die LINKE im
niedersächsischen Landtag da dran bleiben wird.
Im zweiten Teil der Konferenz berichteten zahlreiche Kolleginnen und
Kollegen von ihren betrieblichen Erfahrungen. Eindeutig spiegelte sich
die Vielseitigkeit des Themas auch in den Beiträgen der verschiedenen
Branchen. Beiträge gab es aus der Versicherungsbranche, der Leiharbeit,
der Automobilindustrie, der IT-Branche und dem Gesundheitswesen. Klar
wurde: Die erhöhte Belastung durch Arbeitsverdichtung und
Gewinnorientierung zieht sich durch alle Branchen. Am beeindruckendsten
war hier der Bericht der KollegInnen der Charité aus Berlin: Sie möchten
mit Hilfe eines Tarifvertrags feste Personalschlüssel für die Pflege in
ihrem Krankenhaus festsetzen lassen, um die ständige Unterbesetzung als
permanente Stressquelle zu beenden. Diese Forderung ist
tarifpolitisches Neuland. Die Kollegen machten deutlich, dass sie – nach
einem erfolgreichen Lohnkampf im letzten Jahr – diese Forderung
nötigenfalls auch mit einem Arbeitskampf durchsetzen wollen.
"Für linke Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter war die Personal- und
Betriebsrätekonferenz ein guter Ort um Perspektiven zu entwickeln für
ihre konkreten betrieblichen Auseinandersetzungen, aber auch darüber
hinaus. Das ist gelungen“, schlussfolgerte Jutta Krellmann und bedankte
sich bei allen Teilnehmenden und insbesondere bei Politpoet Thorsten
Stelzner, der den ganzen Tag die Konferenz zu Stress auf Arbeit bissig
und humoristisch begleitete. Für linke Gewerkschafter in Niedersachsen
steht nun vor allem die Landtagswahl auf der Tagesordnung und damit auch
die Frage, welches Gewicht linke und gewerkschaftliche Positionen im
niedersächsische Landtag bekommen.