Jung, weiblich, befristet

21.04.2017

Auswertung der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Aktuelle Daten zur befristeter Beschäftigung“ (BT-Drs. 18/11761) von Jutta Krellmann u.a. und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

Befristungen haben in den letzten 20 Jahren in allen Bundesländern deutlich zugenommen. Hauptbetroffene sind Frauen und junge Beschäftigte – ein Drittel arbeitet unterhalb der Niedriglohnschwelle.

In fast allen Bundesländern sind Frauen und junge Beschäftigte am stärksten von Befristungen betroffen. In acht Bundesländern erfolgt sogar mehr als jede zweite Neueinstellung bei Frauen befristet. Der Anteil befristet Beschäftigter, die für einen Niedriglohn von 10,36 Euro pro Stunde oder weniger arbeiten, ist mit 30,8 Prozent höher als der Durchschnitt aller abhängig Beschäftigten (20,6 Prozent) und ist fast dreimal so hoch wie der Anteil der Beschäftigten mit einem unbefristeten Vertrag (10,7 Prozent). Die Wirtschaftszweige »Erziehung und Unterricht«, »Gastgewerbe« und »Gesundheits- und Sozialwesen« sind Spitzenreiter bei Befristungen.

Der Anteil der sachgrundlosen Befristungen an allen Befristungen ist in den alten Bundesländern überdurchschnittlich hoch (48 Prozent in Deutschland): In Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern haben mehr als die Hälfte der befristeten Arbeitsverträge keinen Sachgrund. Die Anzahl der sachgrundlosen Befristungen hat sich allein in Nordrhein-Westfalen fast vervierfacht: Von 94.000 im Jahr 2001 auf 353.000 im Jahr 2015.

Bei der Entwicklung befristeter Beschäftigung (1996 bis 2015) gibt es deutliche Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern. Während im Osten (inkl. Berlin) der Anteil befristeter Beschäftigung bereits 1996 hoch war (6,6 Prozent), dann aber in einigen Bundesländern bis 2015 gesunken oder nicht weiter angestiegen ist, war im Westen der Anteil 1996 zwar niedriger (3,2 Prozent), ist dafür aber bis 2015 deutlich angewachsen. In Nordrhein-Westfalen hat sich die Zahl von 219.000 auf 616.000 fast verdreifacht, in Hessen mehr als vervierfacht (von 51.000 auf 222.000) und in Bremen fast vervierfacht (von 9.000 auf 34.000).

Dazu erklärt Jutta Krellmann, gewerkschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag:

Befristete Arbeitsverträge wirken wie die Anti-Baby-Pille. Zukunftsplanung oder die Gründung einer Familie bedürfen jedoch der Sicherheit eines unbefristeten Jobs. Befristet Beschäftigte überlegen sich zweimal, ob sie Betriebsrat und Gewerkschaft offen unterstützen, um ihre Weiterbeschäftigung nicht zu gefährden. Befristungen schleifen das Arbeitsrecht.

DIE LINKE will, dass das unbefristete Arbeitsverhältnis wieder die Regel wird. Ein erster Schritt dahin ist das Verbot der sachgrundlosen Befristung. Das will seit 2013 auch die SPD, verhindert aber im Bundestag genau dieses Verbot. Wenn Martin Schulz den Menschen Im Wahlkampf 2017 erneut die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung verspricht, muss er sagen, mit wem er das umsetzen will. Denn mit der Union ist soziale Gerechtigkeit nicht zu machen.

Die 48-seitige Antwort der Bundesregierung finden Sie: link

Eine Zusammenfassung, sowie die Ergebnisse im Einzelnen, finden Sie hier: link