Kleine Anfrage: „Lohnentwicklung in Deutschland"

23.09.2017

»Immer mehr Beschäftigte Arm trotz Arbeit«

Auswertung der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Lohnentwicklung in Deutschland(BT-Drs. 18/13524) von Jutta Krellmann u.a. und der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

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Zusammenfassung:

Die Einkommen (ohne Berücksichtigung des selbstgenutzten Wohneigentums) sind in Deutschland seit 2008 etwas ungleicher verteilt. Von 2008 bis 2011 fiel der Gini-Koeffizient zwar leicht (von 0,291 auf 0,283). Doch zwischen 2011 und 2014 stieg der Indikator wieder auf 0,301 in 2014. Der Palma-Ratio, das Verhältnis zwischen den Einkommen der reichsten 10% und den Einkommen der unteren 40%, stieg zwischen 2008 und 2013 von 1,054 auf 1,124.

Der Anteil der abhängig Beschäftigten, die nach EU-Definition arm sind (also weniger als 40% des mittleren Äquivalenzeinkommens erhalten), ist zwischen 2008 und 2014 von 1,4% auf 2,6% angestiegen. Das entspricht eine Steigerung von 86%. Bei den Frauen hat sich dieser Anteil sogar von 1,6% auf 3,2% verdoppelt. Der Anteil der abhängig Beschäftigten, die nach EU-Definition armutsgefährdet sind, (also weniger als 60% des mittleren Äquivalenzeinkommens erhalten), ist zwischen 2008 und 2014 von 6,8% auf 8,9% angestiegen. Das entspricht eine Steigerung von 39%.

Der 2013 eingeführte bundesweite Mindestlohn hat sich vor allem darin bemerkbar gemacht, dass die Quote der nach EU-definition armen Beschäftigten zwischen 2013 und 2014 von 3,2% auf 2,6% sank. Der Mindestlohn hat auch einen positiven Effekt auf die Löhne geringfügig Beschäftigter ausgeübt. Die Nominallöhne von Minijobbern stiegen zwischen 2013 und 2017 um 19,5%, mehr als doppelt so schnell als die Nominallöhne der Vollzeitbeschäftigten (9% im gleichen Zeitraum).

Die oberen Einkommensgruppen konzentrieren sich vorwiegend in den alten Bundesländern. Im Westen verdienen dreimal so viele mehr als 200% des mittleren Nettoäquivalenzeinkommens als im Osten (9,3% in den alten Bundesländern, 3,1% in den neuen Bundesländern).

 

O-Ton Jutta Krellmann, gewerkschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag:

„Niedrige Teilzeit, Minijobs oder gar Vollzeit zu Niedrig- oder Mindestlohn sind nicht existenzsichernd und sorgen dafür, dass inzwischen über drei Millionen Beschäftigten in Deutschland armutsgefährdet sind. Über Jahre wurden unbefristete Vollzeitstellen systematisch durch befristete und unsichere Teilzeit und Minijobs ersetzt. Völlig legal aufgrund der durch und durch neoliberalen und arbeitnehmerfeindlichen Politik von Rot-Grün unter Schröder, Schwarz-Gelb und Schwarz-Rot unter Merkel.

 

Der Mindestlohn ist zwar viel zu niedrig und voller Ausnahmen. Jedoch hat er eine bescheidene Wirkung zu verzeichnen. DIE LINKE fordert einen umfassenden Mindestlohn von 12 Euro, der die Armutsrate noch viel deutlicher senken würde. Vor allem will DIE LINKE auch, dass gute Arbeit wieder die Regel wird: unbefristet, tariflich bezahlt und mitbestimmt. Dies umzusetzen setzt Zweierlei voraus: Den rigorosen Bruch der SPD mit der unsozialen Agenda-Politik und die Erkenntnis der Beschäftigten um die Notwendigkeit, sich in ihrem Betrieb und in ihrer Gewerkschaft zu organisieren. Die jüngsten Streiks im Einzelhandel, in der Pflege oder im Erziehungsbereich machen eins ganz deutlich: Organisierte Gegenwehr ist möglich.“

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