Krankentage auf Grund psychischer Belastungen die letzten zehn Jahre verdoppelt – Ausfallkosten auf Rekordhoch

27.03.2019

Zusammenfassung:
Die Anzahl der Krankentage auf Grund von psychischen und Verhaltensstörungen hat sich zwischen 2007 und 2017 von knapp 48 auf 107 Millionen mehr als verdoppelt (+123 Prozent), zwischen 2016 und 2017 ist sie zurückgegangen (-2 Prozent).
Die Produktionsausfallkosten und der Ausfall an Bruttowertschöpfung die auf psychische und Verhaltensstörungen zurückzuführen sind, stiegen zwischen 2007 und 2017 in der Summe von 12,4 auf 33,9 Milliarden Euro an (+173,4 Prozent). Zwischen 2016 und 2017 stieg der Ausfall von 33,7 auf 33,9 Milliarden Euro (+0,6 Prozent). Waren 2007 11 Prozent der krankheitsbedingten Ausfallkosten auf psychische und Verhaltensstörungen zurückzuführen, waren es 2017 16 Prozent.
Die durchschnittlichen Krankentage in der Diagnosegruppe psychische und Verhaltensstörungen je 100 Versicherte stiegen von 2008 bis 2017 für beide Geschlechter und in allen Altersgruppen an. Besonders häufig betroffen sind Männer im Alter von 60 bis unter 65. Hier stiegen von 2008 bis 2017 die durchschnittlichen Krankentage um 244 Prozent von Ø 126 AU-Tage/100 Versicherte auf 434 Ø AU-Tage/100 Versicherte an. Der Anstieg zwischen 2016 bis 2017 betrug 2 Prozent von 425 Ø AU-Tage/100 Versicherte auf 434 Ø AU-Tage/100 Versicherte.
Das „Gesundheits- und Sozialwesen“ und das „Gastgewerbe“ sind besonders von psychischen Arbeitsanforderungen betroffen. Zu den häufigen psychischen Arbeitsanforderungen zählen unter anderem ein starker Termin- und Leistungsdruck, verschiedene Arbeiten gleichzeitig zu betreuen und sehr schnell zu arbeiten. Der Anteil der Beschäftigten für die eine Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung psychischer Belastungen durchgeführt wurde lag 2015 in der Branche „Einzelhandel- und Gastgewerbe“ bei 29 Prozent, in der Branche „Gesundheits- und Sozialwesen“ bei 65 Prozent. Der Anteil der Beschäftigten, für die bis 2015 eine Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen durchgeführt wurde, nimmt mit der Betriebsgröße zu. In Betrieben unter 10 Beschäftigen liegt der Anteil bei 15 Prozent, in Betrieben mit über 250 Beschäftigten bei 70 Prozent.
Die Bundesregierung zieht aus den Forschungsergebnissen der zuständigen Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) die Schlussfolgerung, dass sich keine hinreichend konkreten Gestaltungsanforderungen ableiten lassen, die in einer Arbeitsschutzverordnung geregelt werden können. Die Bundesregierung sieht weiterhin Prüfbedarf hinsichtlich der Notwendigkeit einer Anti-Stress-Verordnung. Die Bundesregierung sieht kein Rangverhältnis bereits vorhandener Arbeitsschutzinstrumente (wie der Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung) zu neuen regulativen Maßnahmen. Sie sieht in der Gefährdungsbeurteilung ein geeignetes Instrument, um Gefährdungen, die einem sicheren, gesunden und menschengerechten Arbeiten entgegenstehen, zu erkennen und diesen vorzubeugen.


O-Ton Jutta Krellmann, MdB, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit für DIE LINKE im Bundestag:
„Viele Arbeitgeber fahren auf Verschleiß: Starker Druck, hohe Flexibilität - immer schneller, immer mehr. Beschäftigte werden über ihre Belastungsgrenze getrieben. Auch der ökonomische Schaden wird größer und größer. Die Bundesregierung schaut Däumchen drehend zu. Dabei ist offensichtlich, dass die jetzigen Instrumente überhaupt nicht ausreichen. Das grenzt an vorsätzlichem Staatsversagen. Die Regierung muss endlich handeln. Wir brauchen eine Anti-Stress-Verordnung und flächendeckend Arbeitsschutzkontrollen“.

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