Rede zum Seearbeitsrecht

22.02.2019

Wir alle wissen, dass sich die Seeschifffahrt verändert hat. Wir können die Probleme der Seeleute nicht länger ignorieren. Deshalb begrüßen wir es als Fraktion Die Linke, dass die Bundesregierung ihre Beteiligung an den Kosten für die Sozialeinrichtungen der Seemannsmissionen erhöht: von 500 000 auf 1 Million Euro. Aber was bringt es, die Finanzierung der Seemannsmissionen zu stärken, wenn wir am Ende keine Seeleute mehr haben, die das Angebot in Anspruch nehmen können?

Zum Stand der Dinge: Von insgesamt 2 108 Seeschiffen in deutschem Eigentum fährt aktuell nur noch ein Siebtel unter deutscher Flagge. Während im Jahr 2008 noch über 14 000 Seeleute unter deutscher Flagge beschäftigt waren, sind es 2017 nur noch etwas mehr als die Hälfte. Für nur einen Bruchteil der Seeschiffe in deutschem Eigentum gilt uneingeschränkt das Arbeits- und Tarifrecht. Um genau zu sein: für nur 137 der 302 Seeschiffe unter deutscher Flagge. Das ist Tarifflucht auf hoher See. Als Gewerkschafterin gehen bei mir alle Alarmglocken an. Die Situation der Beschäftigten hat sich erheblich verschlechtert. Aber zur gleichen Zeit beschenkt die Bundesregierung die Reedereien mit einer Subvention von fast 60 Millionen Euro pro Jahr. Damit will sie die deutschen Reeder konkurrenzfähig machen. So subventioniert sie die Lohnkosten. Warum eigentlich, wenn die Beschäftigten unter Lohndumping leiden?

So finanziert man die Tarifflucht der Arbeitgeber, und das in einer Branche, die auch noch vollständig von der Steuer- und Abgabepflicht befreit ist. Eigentlich war es ja die Absicht der Bundesregierung, dass Schiffe unter deutscher Flagge fahren und die Seeleute anständig behandelt werden. Das ist kläglich gescheitert. Es ist richtig, dass die Sozialeinrichtungen besser gefördert werden. Deshalb ist es auch richtig, die Seemannsmissionen stärker zu unterstützen. Wir müssen aber vor allem auch den Beschäftigten auf See ermöglichen, sich selbst besser zu helfen. Das geht am besten, indem sie gemeinsam für ihre Rechte kämpfen und sich gewerkschaftlich organisieren. Wir als Linke fordern die Bundesregierung auf: Setzen Sie ihren eigenen Koalitionsvertrag um! Stärken Sie das Maritime Bündnis, in dem Sie die Gewerkschaften stärker miteinbeziehen! Stärken Sie die maritime Ausbildung, um die Qualifikation zu erhalten! Und erleichtern Sie die Interessenvertretung von Seeleuten!