Missbrauch von Werkverträgen jetzt stoppen!

Sehr geehrte/r Präsident/in, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ausbeutung hat auf dem Arbeitsmarkt viele Namen. Ein Name ist: »Werkverträge«.

Das Problem ist:  Die Zahl der Missbräuche steigt. Mittlerweile sind Werkverträge bekannt für

  • Lohnbetrug
  • ungerechte Bezahlung
  • eine unwürdige Behandlung von Beschäftigten
  • und für die Spaltung von Belegschaften.

Das hat nichts mit dem zu tun, was Werkverträge einmal waren. Es geht nicht mehr darum, dass Spezialaufgaben in den Betrieben von externen Dienstleistern übernommen werden, z. B. Elektriker in einem Krankenhaus oder Fliesenleger in einem Metallbetrieb. Werkvertragsbeschäftigte übernehmen heute ganz reguläre Arbeiten. Sie ersetzten Stammbeschäftigte. Und das zu Bedingungen weit unter Tarifstandards. Das geht doch gar nicht!

Beispiele gibt es genug, wie die Warenverräumer im Einzelhandel. Aber auch in der Baubranche oder in der Fleischindustrie. Der Missbrauch von Werkverträgen ist ein Flächenbrand. Dagegen muss endlich etwas unternommen werden! Was aber macht die Regierung? Sie begnügt sich mit Ankündigungen und lässt sich Zeit. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Aussitzen von Problemen. Das möchten wir nicht.

Phantasielos sind auch die Ankündigungen selbst. Die Bundesarbeitsministerin stellt in Aussicht, dass der Zoll kontrollieren soll, ob in den Unternehmen illegale Werkverträge zur Anwendung kommen. Was sollen die Kolleginnen und Kollegen vom Zoll eigentlich noch alles kontrollieren? Schwarzarbeit, Mindestlohn, Arbeitnehmerüberlassung. Schon jetzt ist der Zoll hoffnungslos überlastet.

Anstatt das Problem engagiert zu bearbeiten, will die Bundesregierung auch dieses Problem nur mit der Kneifzange anfassen. Ein „bisschen“ Frieden reicht uns nicht. Ein „bisschen“ Regulierung von Werkverträgen auch nicht! Zwei Punkte will ich aus unserem Antrag herausgreifen, die für eine konsequente Regulierung der Werkverträge entscheidend sind.

Punkt 1 – Mitbestimmung: Betriebs- und Personalräte müssen ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht beim Einsatz von Fremdfirmen im Unternehmen erhalten. Informationsrechte, wie sie die Regierung im Koalitionsvertrag ankündigt, reichen nicht aus! Betriebsräte müssen den Einsatz von Fremdfirmen verhindern können! Nutzen wir den Sachverstand der Betriebsräte! Die wissen sofort, ob mit den Werkverträgen Tarifstandards unterlaufen werden sollen, oder nicht.

Punkt 2 – auch legale Werkverträge werden genutzt, um Lohndumping zu betreiben! Selbst wenn Werkverträge rechtskonform angewendet werden, also wenn die Arbeit vom Werkvertragsnehmer völlig in Eigenregie erbracht wird, kann es sich um Tarifflucht handeln. Tarifflucht liegt eindeutig immer dann vor, wenn diese Arbeiten von dem Betrieb vorher selbst erledigt wurden.

Eine gesetzliche Regulierung muss auch diesem Sachverhalt Rechnung tragen. Die Regierung scheint das vollkommen zu ignorieren. Wir als LINKE sagen: Bei der Auftragsvergabe an Fremdfirmen, die die gleiche Arbeit verrichten, muss auch für deren Beschäftigte ein Gleichbehandlungsgebot festgeschrieben werden. Mit anderen Worten: Gleicher Lohn für Stammbeschäftigte und Werkvertragsbeschäftigte! Nur so kann schon im Ansatz Tarifflucht verhindert werden.

Ich möchte zum Schluss auf ein Problem aufmerksam machen, dass uns auch hier im Bundestag unmittelbar betrifft: Scheinselbständigkeit! Es ist beschämend, dass der Bundestag als Arbeitgeber über Jahre hinweg Besucherführer als Scheinselbständige beschäftigt hat. Die nachträglich erhobenen Sozialversicherungsbeiträge wurden nun bezahlt. Die Quittung dafür kassiert der Beschäftigte, der dieses Unrecht offengelegt hat. Er hat zwar nach wie vor seinen Rahmen-Arbeitsvertrag, kriegt aber keine Aufträge mehr. Er lebt jetzt von Hartz IV.

Was für ein Signal senden wir als Parlament da aus? Wie wollen wir überzeugend für eine gerechte Arbeitswelt einstehen, wenn schon die Bundestagsverwaltung die Rechte von Beschäftigten mit Füßen tritt? Das ist nicht akzeptabel!

Meine Damen und Herren, die Regulierung von Werkverträgen muss jetzt in Angriff genommen werden. Unsere Vorschläge liegen vor Ihnen. Machen Sie was draus!

Vielen Dank!