Aktuelle Stunde zur Fusion von Edeka und Kaiser‘s Tengelmann

Vielen Dank.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Wir reden gerade über 16 000 Beschäftigte hier in Deutschland, die bei Tengelmann noch arbeiten. Diese Kolleginnen und Kollegen bangen jetzt schon seit Monaten um ihre Arbeitsplätze und wissen nicht, was in Zukunft mit ihnen passiert.

Als Gewerkschaftssekretärin habe ich unheimlich viele solcher Konflikte in den Betrieben erlebt. Ich habe erlebt, wie viele Tränen da geflossen sind. Ich habe erlebt, was das für die Leute bedeutet hat, denn wenn wir von 16 000 Menschen reden, dann reden wir auch von 16 000 Existenzen, um die es in diesem Fall gerade geht.

(Beifall bei der LINKEN)

Es sind in der Regel nicht die Beschäftigten, die solche Situationen verursacht haben und die dafür gesorgt haben, dass das Kind kurz davor ist, in den Brunnen zu fallen. Das sind aber diejenigen, die am Ende immer unter den Konsequenzen zu leiden haben. Das passiert mit den Beschäftigten. Im Grunde kann es den Betroffenen und auch mir als Gewerkschaftssekretärin scheißegal sein, wie am Ende dieser Auseinandersetzung der Eigner des Betriebes heißt und wem er am Ende gehört. Entscheidend ist, was mit den Existenzen passiert, was mit den Arbeitsplätzen passiert und wo die Menschen arbeiten. Im Grunde ist es egal, wie der Eigner am Ende heißt. Wichtig ist, was am Ende in der Packung drin ist.

Entscheidend wird sein, unter welchen Bedingungen es für diese Beschäftigten weitergehen wird. Wenn man die Branche betrachtet, ist der Einzelhandel im Grunde eine der größten Branchen, die wir hier in Deutschland haben. Dort arbeiten circa 2,7 Millionen Beschäftigte, und das sind überwiegend Frauen. Über 50 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, und das gilt natürlich auch für Kaiser’s Tengelmann. Diese Frauen arbeiten überwiegend in Teilzeit, oftmals in Minijobs. Es gibt einen massiven Verdrängungswettbewerb in den Einkaufsstraßen und Einkaufszentren. Im Grunde stellt sich schon lange die Frage, was mit den Arbeitsplätzen im Einzelhandel passiert.

Die Tarifbedingungen sind unglaublich stark ausgehöhlt worden. Es gibt viele Arbeitgeber – an der Spitze die Firma Edeka -, die dafür sorgen, dass die Betriebe aus den Arbeitgeberverbänden ausgegliedert werden. Damit werden die Tarifverträge ad absurdum geführt. Die Tarifbindung in den Bereichen ist mittlerweile sehr schlecht, und das ausgerechnet in einer Branche, mit der wir alle immer wieder zu tun haben, wenn wir einkaufen gehen. Weil wir wissen, dass die tariflichen Bedingungen in dem Bereich nicht passen, muss das, finde ich, ganz besonders intensiv diskutiert werden. Denn diese Situation hat auch etwas damit zu tun, dass Firmen in Schwierigkeiten geraten und am Ende die Arbeitsplätze infrage stehen.

Prozentual gesehen ist die Tarifbindung der Beschäftigten im Westen mittlerweile auf 42 Prozent und im Osten auf 33 Prozent gesunken. Was die Betriebe angeht, sind im Westen 70 Prozent der Betriebe ohne Tarifbindung. Im Osten sind es 77 Prozent.

(Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Edeka hat nur 10 Prozent!)

– Edeka ist auch das Beispiel dafür. Edeka selbst ist im Arbeitgeberverband und zahlt den Flächentarif. Aber alle ausgegliederten Betriebe sind nicht mehr im Arbeitgeberverband. Das sind Probleme in der Branche.

Von daher bin ich der Auffassung, dass man, wenn man darüber diskutiert, auf jeden Fall mit diskutieren muss, welche Anforderungen wir im Falle einer Zusage, dass Edeka Tengelmann übernehmen kann, stellen. Ich will den Werbespruch von Edeka aufgreifen: „Wir lieben Lebensmittel“. Die Arbeitnehmerrechte liebt Edeka nicht. Da müsste eine ganze Menge passieren, damit Edeka zu einem guten Betrieb wird.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): So ein Quatsch! – Max Straubinger (CDU/CSU): Das ist eine Beleidigung der Mitarbeiter bei Edeka!)

– Nennen Sie das ruhig Quatsch. Wir können gerne darüber diskutieren. Das würde ich gerne mit Ihnen machen.

(Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Dazu habe ich keine Lust! Mit Ihnen nicht! – Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): Sind Sie dafür oder dagegen?)

Die Forderung, die ich als Mitglied der Fraktion Die Linke habe, ist: Die Entscheidung darf im Interesse der Beschäftigten nicht an der Gewerkschaft Verdi, den Betriebsräten und den Beschäftigten vorbeigehen.

(Max Straubinger (CDU/CSU): Gewerkschaftsinteressen! Nicht die Beschäftigten! Die Gewerkschaft!)

Und sie muss unter der Maßgabe erfolgen: Wir reden über Flächentarifverträge und Mitbestimmung in den Betrieben.

(Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): Das ist Ministererlaubnis! Keine Gewerkschaftserlaubnis!)

Wenn das erledigt ist, dann ist, finde ich, ein wichtiger Schritt im Interesse der Beschäftigten bei der Firma Tengelmann getan.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)