GroKo kommt bei Leiharbeit und Werkverträgen nicht zu Potte

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrter Herr Stegemann, lieber Herr Oellers, wir haben das Thema schon oft diskutiert, und wir werden das Thema noch zehnmal diskutieren – so lange, bis die Regelungen geändert sind. Denn Tatsache ist: Der Missbrauch von Leiharbeit und Werksverträgen ist in vielen Bereichen betriebliche Realität, und das insbesondere für die junge Generation. Ob Sie das wahrnehmen wollen oder nicht: Das ist ganz einfach so, und das können wir auch beweisen.

(Albert Stegemann (CDU/CSU): Durch die Wiederholung nimmt der Wahrheitsgehalt nicht zu!)

Deswegen finde ich es in Ordnung, dass wir darüber reden. Aber Sie jammern schon wieder darüber, dass Sie mit uns über dieses Thema reden müssen.

(Klaus Ernst (DIE LINKE), an die CDU/CSU gewandt: Weil Sie Ihren Job nicht machen!)

Das ist Ihre Aufgabe. Deswegen sind Sie hier, und dafür bekommen Sie und andere auch Ihr Geld.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU): Schwer verdientes Geld, wenn man Ihnen zuhören muss!)

Frau Nahles hat schon 2014 darüber gesprochen, dass sie den Missbrauch eindämmen möchte, aber seitdem ist nichts passiert, tote Hose. Nur das Streikrecht wurde eingeschränkt. Wir bleiben dabei: Der Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen muss endlich eingedämmt werden, und zwar sofort.

(Beifall bei der LINKEN)

Zumal letzte Woche auf Anfrage der Linken herauskam, dass die Bundesagentur für Arbeit Leiharbeitsfirmen rechtswidrig mit Versicherungsgeldern bezuschusst. Was für ein Skandal! Das sagt auch der Bundesrechnungshof, der die Vergabepraxis der Bundesagentur für Arbeit an Leiharbeitsunternehmen überprüft und eine ungerechtfertigte Subventionierung festgestellt hat. Was sagen Sie dazu? Ist das in Ordnung, dass Leiharbeitsfirmen auch noch zusätzlich unterstützt werden? Das ist doch ein Skandal!

Übrigens steht in der Koalitionsvereinbarung, dass man den Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher verhindern will. Das war das ursprüngliche Ziel von Frau Nahles. Erinnern wir uns, was in der letzten Tarifrunde bei der Post passiert ist – ich sage ausdrücklich: die Post gehört zu 21 Prozent der Bundesregierung -:

(Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU): Nicht der Bundesregierung!)

Damals wurden Leiharbeitnehmer ungeniert zum Streikbruch eingesetzt. Gerade diesen Missbrauch von Leiharbeit wollte Frau Nahles doch eindämmen. Und jetzt hört man, dass genau dieses Verbot des Einsatzes von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher nicht kommen soll. Das ist eine ganz schreckliche Geschichte.

(Beifall bei der LINKEN)

Das kann doch wohl nicht wahr sein! Wir reden hier über Missbrauch!

(Albert Stegemann (CDU/CSU): Das steht doch in den Tarifverträgen!)

Völlig unnütz erscheint eine Regelung, mit der die Ministerin die Höchstüberlassungsdauer – das ist eben schon angesprochen worden – von 24 Monaten auf 18 Monate beschränken will; denn die Hälfte der Leiharbeitsverhältnisse dauert weniger als drei Monate – weniger als drei Monate! Man höre und staune: Dort, wo Tarifverträge gelten, da will die
Ministerin es mit den 18 Monaten nicht so genau nehmen. Mit anderen Worten: Es soll wieder Spielräume für andere Möglichkeiten geben. Scheinbar haben die Ministerin und die Koalitionsfraktionen keine Sorge, dass uns die sogenannten christlichen Gewerkschaften erneut mit Gefälligkeitstarifverträgen überschwemmen, die dann nicht mehr einzudämmen sind.

(Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU): Manche sind besser als DGB-Tarifverträge!)

Nun zu den Werkverträgen: Werkverträge sind zur Umgehung von Arbeitnehmerstandards für Arbeitgeber zunehmend attraktiv geworden. Unternehmen können völlig legal

(Dr. Martin Pätzold (CDU/CSU): Dann fragen Sie einmal Ihren Klempner!)

– Sie dürfen gleich, wenn Sie möchten, oder stellen Sie mir einfach eine Frage; ich beantworte sie gerne – unternehmerische Risiken ausgliedern und die Verantwortung an nichttarifgebundene Lohndumpingfirmen übertragen. Das ist Missbrauch von Werkverträgen auf breiter Ebene. Jeder weiß, dass der einzige Schutz gegen Missbrauch die Stärkung der Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte ist. Aber ausgerechnet das will Frau Nahles scheinbar nicht. Der Ministerin geht es nur um die Verbesserung von Informationsrechten. Die gibt es aber schon heute. Das ist wieder nur heiße Luft.

Die Linke hat als erste Fraktion im Bundestag das Problem des Missbrauchs von Werkverträgen angesprochen. Wir fordern, dass es an dieser Stelle endlich klare gesetzliche Regelungen gibt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ab dem ersten Tag, Betriebsräte benötigen ein zwingendes Mitbestimmungsrecht, und es bedarf wirksamer Kontrollen und empfindlicher Strafen bei Scheinwerkverträgen.

Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn:

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Jutta Krellmann (DIE LINKE):

Danke. – Wer den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen ernsthaft im Interesse von Arbeitnehmern regeln will, muss unserem Antrag zustimmen.

Vielen Dank.

Kommentar von Jutta Krellmann: Ein Betrieb – Eine Gewerkschaft. Missbrauch von Werkverträgen endlich eindämmen!