Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Was bedeuten die Auswirkungen des Abgasskandals für die Beschäftigten? Für viele Leiharbeitnehmer, zum Beispiel in Zwickau, heißt es jetzt schon: Tschüs, VW! Für sie ist es das Ende der Chance auf einen Dauerarbeitsplatz in der Stammbelegschaft. Für viele befristet Beschäftigte bedeutet es keine Festeinstellung oder keine Verlängerung der Befristung. Zulieferbetriebe halten
Investitionen zurück und haben bereits Kurzarbeit beantragt. Die Betroffenheit ist dabei unterschiedlich hoch. Es gibt nach wie vor Standorte mit Mehrarbeit. Gleichzeitig wird am nächsten Standort bereits Kurzarbeit eingeführt. Im letzten Jahr lautete die zentrale Aussage der Interessenvertretung: Wir zahlen nicht für eure Krise! – Dabei muss es auch bleiben.
(Beifall bei der LINKEN)
Schwieriger ist es in den Rand- und Zulieferbereichen. Viele Logistikunternehmen, die als Werkvertragsfirmen bei VW, Opel, Mercedes und Co. arbeiten, haben weder Tarifverträge noch Betriebsräte. Tarifverträge und Betriebsräte sind aber eine wichtige Voraussetzung, um Auswirkungen einer Krise im Interesse der Beschäftigten zu bewältigen. Auch hier gilt: Beschäftigungssicherung hat oberste Priorität.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den verschiedenen Betrieben alles tun werden, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Sie werden dazu ihre ganze Kraft und Qualifikation einsetzen. Das setzt allerdings die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze voraus. Ihre betrieblichen Interessenvertretungen werden nichts unversucht lassen, um diese
Krise zu überwinden. Kurzarbeit, Arbeitszeitverkürzung, Regelungen über Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen waren schon in der Vergangenheit Instrumente. Wo es keine Betriebsräte gibt, müssen welche geschaffen werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Dort, wo es aber welche gibt, endet deren Mitbestimmung bei wirtschaftlichen Angelegenheiten. Das muss sich ändern.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir brauchen zukünftig Mitbestimmung über das Was, Wie und Wo in der Produktion.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Zeit ist reif, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der wirtschaftlichen Gestaltung ihrer Betriebe zu beteiligen. Was ist die unternehmerische Freiheit wert, wenn die einen ihren Arbeitsplatz verlieren und die anderen mit Abfindungen in Millionenhöhe nach Hause gehen? Deswegen benötigen Beschäftigte Mitsprache und Vetorechte, wenn sie bemerken, dass die Entwicklung in die falsche Richtung geht.
(Beifall bei der LINKEN)
Für VW bedeutet die Auswirkung des Skandals deutlich reduzierte Absatzzahlen. Ein differenzierter Blick macht deutlich, dass der Abgasskandal einen längst eingesetzten Trend beschleunigt. Ein strukturelles Problem wird offensichtlich: Wie entwickelt sich die Automobilindustrie? In Norwegen oder in den USA wird seit Jahren verstärkt in E-Mobilität investiert; sie investieren in Forschung und Entwicklung und schaffen gleichzeitig die dazu notwendige Infrastruktur.
Das Problem bei VW ist doppelt dramatisch: Zum einen muss dort mit Fehlmanagement, Betrug und verlorenem Vertrauen umgegangen werden, zum anderen geht es aber auch darum, den Anschluss an die technologische Entwicklung nicht zu verlieren. Wenn wir Pech haben, sehen wir nur noch die Schlusslichter dieser Entwicklung.
Skandale muss man bewältigen. Vertrauensverlust muss behoben werden. Bei der Bewältigung der notwendigen Umstrukturierungen muss die Bundesregierung in großen Schritten die Bedingungen schaffen. Kaufprämien für Elektroautos genügen nicht.
(Beifall bei der LINKEN)
Das braucht Mut und Kraft. Aber ohne die Beschäftigten geht es gar nicht. Um an der strategischen Neuausrichtung der Automobilbranche mitzuarbeiten, brauchen Beschäftigte Sicherheit. Packen wir es an ‑ mit den Beschäftigten und nicht gegen sie!
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)