Umgehung Mindestlohn: Ideologischer Reflex der CDU/CSU hat Methode!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich hätte niemals geglaubt, dass ich in die Situation komme, als Linke das Gesetz zum Mindestlohn verteidigen zu müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD ‑ Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, was hast du denn geglaubt? Wo lebst du denn?)

Klar ist: Der Mindestlohn ist eingeführt. Basta! Man hat den Eindruck, dass das so manchem Vertreter der Wirtschaft und des Handwerks, aber insbesondere auch manchem Abgeordneten von CDU/CSU erst jetzt so richtig klar wird. Der Mindestlohn ist ein Meilenstein. Obwohl er zu niedrig ist, ist er eine echte Verbesserung für viele Menschen in diesem Land.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Eigentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen, müsste jetzt Party sein. Sie müssten die Stimmung nach vorne bringen. Sie müssten sagen: Klasse, was wir da gemacht haben. – Und, was ist? Nichts ist passiert. Ständig hört man vonseiten der Bundesregierung nur Jammern und Klagen. Jeden Tag wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben, aber, Frau Voßbeck-Kayser, nicht von uns. Nicht wir sind die Miesepeter, sondern Sie sind die Miesepeter in diesem Zusammenhang.

(Beifall bei der LINKEN)

Daran sind Sie selbst schuld. Die Koalitionsfraktionen haben es sich von Anfang an richtig schwer gemacht. Bei den Koalitionsgesprächen hat die SPD das Ja zur CDU von der Einführung des Mindestlohns abhängig gemacht. Okay! Dafür musste sie die gesetzliche Tarifeinheit mittragen und sich dazu bekennen. Dass der wichtige Mindestlohn für ein so faules Tauschgeschäft herhalten
musste, ist mir unbegreiflich. Leider hat die SPD dann zugelassen, dass der Mindestlohn nicht für alle gilt. Die Zahl der Menschen, die vom Mindestlohn profitieren, wurde Stück für Stück kleiner. Jugendliche unter 18 ‑ raus, Praktikanten ‑ raus, Langzeitarbeitslose ‑ raus, von anfangs 5 Millionen Menschen, die davon profitieren sollten, sind jetzt noch 3,7 Millionen Menschen übrig geblieben. Das darf nicht so bleiben. Das war ein echter Fehler.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Debatte über die festgelegte Pflicht zur Dokumentation der Arbeitszeit setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Arbeitgeberverbände, die teilweise niemanden im Mindestlohn beschäftigt haben und bei denen das überhaupt kein Problem ist, weil sie das schon über Jahre hinweg gemacht haben, schreien jetzt Zeter und Mordio und reden die Sache schlecht. Wieder ist es die CDU, die dieses Gezeter aufgreift und Änderungen am Mindestlohngesetz einfordert. Keine zehn Wochen ist es her, dass dieses Gesetz in Kraft getreten ist. Das ist kein ideologischer Reflex mehr; das hat Methode.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, seien Sie einmal ehrlich: Man bekommt den Eindruck, Sie wollten den Mindestlohn eigentlich gar nicht. Meine Damen und Herren von der SPD, es bringt Ihnen keinen Prozentpunkt in den Umfragen mehr, wenn Sie bei einer so wichtigen Sache wie dem Mindestlohn einknicken. Den Menschen draußen nutzt ein schlecht gemachter Mindestlohn nichts. Die Beschäftigten brauchen ein Gesetz, das Rechtssicherheit schafft und sie bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche unterstützt. Der Mindestlohn ist viel zu wichtig, um immer wieder als Verhandlungsmasse herzuhalten.

Die guten Vorschläge der Linken sind: eine klare Definition, was zum Mindestlohn gehört und was nicht ‑ das ist superwichtig ‑; Mindestlohn ist Stundenlohn ohne Zuschläge; keine Verrechnung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, keine Verrechnung von Sachleistungen, Provisionen, Boni oder Ähnlichem;

(Beifall bei der LINKEN)

klare Definition von ehrenamtlicher Tätigkeit; denn auch das könnte ein Einfalltor sein. Das hat sich die Linke zur Aufgabe gemacht, und daran werden wir weiterarbeiten – und wenn wir noch zehnmal hierüber reden müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)