Runter mit den Hürden bei der Anerkennung von Berufskrankheiten!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Arbeit darf nicht krank machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb rede ich hier über Berufskrankheiten. Tausende Beschäftigte erkranken jedes Jahr durch ihre Arbeit. Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit als Chemielaborantin war das Thema „Benzol als krebserregendes Lösungsmittel“ überall präsent und wurde hoch und runter diskutiert. Aber Arbeit kann auch anders krank machen, zum Beispiel durch das Tragen schwerer Lasten, durch Lärm und durch Stress.

In Deutschland haben wir ein System, das die Folgen gesundheitlicher Einschränkungen durch die Arbeit im Betrieb entschädigt. Dafür zuständig sind die gesetzlichen Unfallversicherungen. Deren Beiträge bezahlt nur der Arbeitgeber, und das, Kolleginnen und Kollegen, ist auch gut so.

(Beifall bei der LINKEN)

Allerdings wird es Betroffenen schwer gemacht, ihre Erkrankungen anerkannt zu bekommen. Daran werden die Reformpläne der Bundesregierung leider nichts ändern. Das Berufskrankheitenverfahren gleicht praktisch einem Hürdenlauf. Nur jede vierte angezeigte Berufskrankheit wird überhaupt anerkannt.

Versetzen Sie sich in die Lage einer Betroffenen. Sie ist Krankenschwester und durch ihre Arbeit schwer erkrankt, körperlich angegriffen, ausgebrannt und nicht mehr in der Lage, zu arbeiten. Sie will eine Berufskrankheit anerkannt bekommen. Jetzt steht sie vor drei großen Hürden. Die erste Hürde ist: Ihr Leiden kann nur anerkannt werden, wenn es auf der sogenannten Berufskrankheitenliste steht. Doch diese Liste hat viele Lücken; sie ist noch lange nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Die Aufnahme neuer Krankheiten dauert viel zu lange. Psychische Erkrankungen wie Burn-out sucht man vergebens, und das muss sich ändern.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen mehr unabhängige Forschung. Auch Fachleute wie Psychologen müssen über moderne Berufskrankheiten mitentscheiden. Ein sozialpolitischer Ausschuss aus Arbeitgebern, Gewerkschaftern und Vertretern von Sozialverbänden muss einbezogen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das hilft unserer Betroffenen jedoch nicht, wenn sie eine sehr seltene Berufskrankheit hat. Damit komme ich zur zweiten großen Hürde: Seltene Krankheiten schaffen es kaum auf die Liste der Berufskrankheiten. Die wenigen Fälle erschweren den wissenschaftlichen Nachweis. Hier brauchen wir dringend eine Härtefallregelung. Wir brauchen sie auch für Krankheiten, die durch mehrere Ursachen ausgelöst werden.

Die dritte große Hürde für die Krankenschwester ist das Berufskrankheitenverfahren an sich. Es dauert oft Jahre. Schwerkranke überfordert das absolut. Hier brauchen wir mehr Fairness und Transparenz. Deshalb schlagen wir als Linke vor: Gutachter müssen finanziell unabhängig von der Unfallversicherung sein. Runter mit den Hürden!

Doch am besten ist es, wenn Berufserkrankungen überhaupt nicht mehr entstehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier sind in erster Linie die Arbeitgeber in der Pflicht. Sie müssen endlich für mehr Arbeitsschutz und Prävention in den Betrieben sorgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)