Abbau von Ausbildungsplätzen bei der Deutschen Telekom AG verhindern!

28.09.2015

Liebe Auszubildenden, liebe Mitglieder der JAV und des Betriebsrates,

das darf doch alles nicht wahr sein. Alle reden von Fachkräftemangel, außer der Telekom. Mit voller Empörung vernahm ich die Nachricht über den geplanten Abbau von Ausbildungsstellen bei der Deutschen Telekom AG. Eines der größten europäischen Kommunikationsunternehmen mit Staatsbeteiligung würde so leichtfertig seine Vorbildfunktion in Sachen Ausbildungsqualität vergeben. Und dass, obwohl wir gesamtgesellschaftlich eine Zeitenwende durchlaufen, in der Kommunikationstechnologien (Industrie 4.0) immer mehr Einfluss auf die Lebens- und Arbeitswelt ausüben.

Die Telekommunikationsbranche steht also nicht vor einer Krise, sondern ganz im Gegenteil vor einer riesen Chance. Eine Chance nur in dem Sinne, wenn der Jugend auch Zukunftsperspektiven geboten werden. Zweckdienlich wäre wohl eher eine Aufstockung der Ausbildungszahlen!

Ein fatales Signal für Jugendliche

Die aktuelle Regelung bietet ein mehr an Sicherheit und Nachhaltigkeit hinsichtlich Fachkräfteausbildung und -bindung. Fachkräfte, die hausintern ihre Berufsqualifikation absolvieren, entwickeln i.R. eine „technisch-emotionale Bindung“ zu den Mitarbeitern, Entscheidungsträgern, den beruflichen Anforderungen sowie gegenüber dem Unternehmen selbst, welches sich spürbar auf die Arbeitsmotivation rückwirkt, und letzten Endes auch der Produktivität zu Gute kommt. Externe Fachkräfte hingegen müssen sich neben der fachlichen Einarbeitung zusätzlich auch in die Strukturen und Netzwerke einfinden, und entfalten erst viel später, wenn überhaupt, entsprechende Positiveffekte. Nebst dem sind wir heute mit der sogenannten „Demografischen Entwicklung“ konfrontiert. Allein deshalb kann sich die Telekom eigentlich nicht eine Halbierung der Ausbildungsquote leisten. Wer in Zukunft gut ausgebildete und engagierte Fachkräfte im Unternehmen beschäftigt wissen will, der muss nicht nur gute und tariflich abgesicherte Arbeitsbedingungen bieten, sondern auch einen möglichst hohen Qualitätsstandards anbieten. Dazu
zählt eben auch ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen. Dies wissen alle Akteure der betrieblichen und gewerkschaftlichen Interessenvertretung, die sich aktuell für den Erhalt der bestehenden Quote einsetzen. Ja mehr noch, sie haben sogar den gesetzlichen Auftrag darüber zu wachen, dass Ausbildungsplätze geschaffen werden.

Wer nicht ausbildet, muss zahlen!

Ein nachvollziehbare, aber kein einschlägiger Grund für den angestrebten Abbau verortet sich womöglich im Tatbestand der ungleichen Verteilung von Ausbildungskosten. Viel zu viele Unternehmen bilden überhaupt nicht aus in Deutschland und profitieren davon, dass andere Firmen überproportional ausbilden. Deshalb streiten seit Jahren Gewerkschaften, die Partei DIE LINKE., aber auch ich ganz persönlich –  als Bundestagsabgeordnete und Gewerkschaftssekretärin der IG Metall für die gesetzliche Einführung der Umlagefinanzierung, „wer nicht ausbildet, muss zahlen!“. Die damit verbundene Umlagesystematik würde all diejenigen Unternehmen entlasten, die eine hohe Ausbildungsquote haben. Im Gegenzug müssten all die Unternehmen eine Abgabe
(Umlage) in einen Fond einzahlen,  eben die, die nicht ausbilden. Dies wäre eine sinnvolle Lösung, also die anfallenden Kosten auf alle Unternehmen gerechter zu verteilen.

Erhalt der Ausbildungsquote – Das muss drin sein

Für die laufenden Auseinandersetzung zum Erhalt der bestehenden Ausbildungsquote übersende ich Euch ich meine vollste Unterstützung. Weiterhin verbreite ich Eure Auseinandersetzung in die mir zugängliche Öffentlichkeit. Und rein pragmatisch unterstützen wir als Bundestagsfraktion diesen Kampf über den parlamentarischen Betrieb. Erst im Mai 2015 forderten wir im Bundestag mit dem Antrag: Ausbildungsqualität sichern – Gut Ausbildung Verbesserung für die Ausbildungsqualität, der auch die Forderung nach eine Umlagefinanzierung beinhaltet.

Persönlich wünsche ich Euch vor allem viel Kraft, Mut, weiterhin Phantasie und einen langem Atem.

Mit kollegialen und solidarischen Grüßen,

Jutta Krellmann

Ausbildungsqualität sichern – Gute Ausbildung für alle schaffen (Drs.: 18/4931)
Beitrag der Sprecherin für Bildungspolitik, Rosemarie Hein (20.05.2015): Dreiklang statt Mogel-Allianz für Ausbildung
Pressemitteilung der bitkom (10.11.2014): In Deutschland fehlen 41.000 IT-Experten
Das Recht auf Ausbildung umsetzen (Drs.: 18/1454)
Bewertung des Ausbildungsstellenmarktes im August 2015 vom DGB – Bundesvorstand
Betriebe bilden nicht genug aus (Böckler Impuls 6/2015)