Der Druck muss raus!
24.10.2013Arbeitszeitverkürzung
bei vollem Lohnausgleich! Diese alte gewerkschaftliche Forderung klingt für
Unternehmer normalerweise wie Teufelszeug.
Nun
kommt aus Zuffenhausen eine bemerkenswerte Nachricht: Die VW Tochter Porsche
verkürzt im Stammwerk die Arbeitszeit der Produktionsbeschäftigten in zwei
Stufen ab nächsten Jahr um eine Stunde mit vollem Lohnausgleich.
Diese
Initiative hat einen ernsten Hintergrund: die Produktivität im Porsche-Werk ist
in den letzten vier Jahren enorm gestiegen. Nicht so die Zahl der Beschäftigten,
sie hat in den letzten vier Jahren kaum zugenommen. Heute werden jeden Tag 50%
mehr Autos im Werk produziert als vor vier Jahren. Pro Arbeitsstunde werden bei
Porsche heute deutlich mehr Werte geschaffen, als vor vier Jahren. Diese
gestiegene Arbeitsproduktivität bedeutete für Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer in der Produktion in den letzten Jahren, vor allem deutlich höheren
Arbeitsintensität. Das waren schon immer die Grundlagen, dass Arbeitszeit verkürzt
werden konnte.
In
vielen anderen Betrieben, indem einem Teil der Beschäftigten die Arbeitszeit
auf Null reduziert wird, sprich Arbeitslosigkeit.
Nicht so bei der VW Tochter Porsche. Bei VW wurde
damals die Arbeitszeit alle Beschäftigen auf 28,8 Std reduziert um Entlassungen
zu vermeiden. Bei Porsche sollen kürzere Arbeitszeiten jetzt den Beschäftigten
helfen, diesen größeren Arbeitsstress besser zu bewältigen.
Die Beschäftigten wissen, dass sie Entlastungen über
Arbeitszeit brauchen, sonst wären weitere Produktivitätssteigerungen in
Verbindung mit Flexibilisierungen
unzumutbar. Und
Porsche hat verstanden, dass eine Steigerung ihrer Gewinne über Produktivität
in Zeiten von Fachkräftemangel, nur realistisch ist, wenn gleichzeitig „die
Arbeit" entlastet wird. Ein kluger Schritt, der nur mit einer starken
Interessenvertretung, in Form von Betriebsrat und Gewerkschaft möglich ist.
Aber wie sieht es in anderen gesellschaftlichen Bereichen
aus? Das
Problem der Arbeitsverdichtung und der dadurch zunehmenden Arbeitsbelastungen
haben Millionen andere Beschäftigte
auch. Pfleger in Krankenhäusern, Angestellte in Verwaltungen, Erzieherinnen in
Kitas oder Telefonisten im Callcenter, leiden unter dieser Entwicklung. Alle
seriösen Untersuchungen zeigen, dass der Arbeitsdruck in den Betrieben in
Deutschland in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist.Darunter leidet die Gesundheit der Beschäftigten:
zwischen 2001 und 2010 ist die Zahl der Krankheitstage wegen psychischer
Erkrankungen um 60% gestiegen. Psychische Erkrankungen sind mittlerweile die Hauptursache
für Frühverrentungen. Diese Frühverrentungen sind ein echtes Armutsrisiko für
die Beschäftigten.
Im
Grunde muss in allen Betrieben dringend etwas getan werden, damit die
Beschäftigten nicht reihenweise krank werden durch Arbeitsverdichtungen. Von
Fachkräftemangel und demographischer Entwicklung zu schwadronieren ist eine
Sache, nach vorne zu Handeln eine andere.
In vielen Betrieben gibt es schwierigere Bedingungen, was
die betriebliche Interessenvertretung der Beschäftigten angeht. Viele Unternehmen
sehen nicht die Chancen in dem Zusammenhang. Probleme werden mit Entlassung
oder mit Einkommensreduzierungen gelöst.
Damit es nicht dem Wildwuchs zulasten der
Beschäftigten überlassen wird, sind gesetzliche Regelungen dringend nötig. Die
Gesundheit der Beschäftigten muss vor negativen Folgen der Arbeitsverdichtung geschützt werden.
Vorschläge dazu
gibt es genug - die IG Metall hat eine
Antistress-Verordnung vorgelegt, mit deren Hilfe übermäßig hohe Verdichtungen
der Arbeit im Betrieb ermittelt und gestoppt werden können. Betriebsräte und
Personalräte müssten erweiterte Mitbestimmungsrechte bekommen, um Überlastungen
von Beschäftigten zu verhindern, die aus unzureichender Personalausstattung
resultieren.
Ministerin
von der Leyen hat versprochen, das Thema Arbeitsstress zur Chefsache zu machen,
ist dann aber untätig geblieben. Die SPD hat vor der Wahl versprochen, dies zu
ändern und hat die Idee der Antistress-Verordnung unterstützt.
Die Partei DIE LINKE wird der nächsten Regierung genau
auf die Finger schauen , damit es nicht bei Worten bleibt.