Keine faulen Kompromisse
11.08.2015Große
Mehrheit im Sozial- und Erziehungsbereich lehnt Schlichtungsergebnis ab
Deutlicher geht es nicht: Die Beschäftigten aus dem
Sozial- und Erziehungsbereich haben über die Annahme des
Schlichtungsergebnisses abgestimmt und diesem Kompromiss mit großer Mehrheit
eine Absage erteilt. Das brachte ihre Gewerkschaft ver.di in Zugzwang, denn
deren Vorsitzender Frank Bsirske hatte sich jüngst zusammen mit anderen
hauptamtlichen GewerkschafterInnen für eine Annahme des Schlichterspruches
ausgesprochen. Es ist gut, dass sich Bsirske jetzt hinter die Entscheidung der
Beschäftigten stellt und die Tarifverhandlungen weiter führen will.
Denn was die kommunalen Arbeitgeberverbände bisher
vorgelegt haben, ist lächerlich. Auch das Schlichtungsergebnis, welches unter
der Schirmherrschaft vom ehemaligen Ministerpräsidenten Sachsens und
CDU-Politiker Milbradt sowie dem ehemaligen Oberbürgermeister Hannovers und
SPD-Politiker Schmalstieg Ende Juni zustande kam, ist keine Aufwertung.
Lediglich drei Prozent mehr Lohn im Durchschnitt und vor allem die
Ausklammerung der unteren Berufsgruppen führten dazu, dass die zuständige
Streikdelegiertenkonferenz das Ergebnis ablehnte und lieber den Arbeitskampf
fortsetzen will.
Es ist eine gute Entscheidung, die die Beschäftigten
damit getroffen haben. Denn gerade diese Tarifverhandlung ist ein
gesellschaftlicher Fingerzeig. Die Beschäftigten stellen mit ihrem Arbeitskampf
und mit ihrer Forderung nach Aufwertung die Frage nach dem Umgang mit so
wichtigen Fragen wie beispielsweise der Erziehung und Betreuung unserer Kinder
und der Frage, was uns das eigentlich wert ist. Was ist uns ein kommunaler
Sozial- und Erziehungsbereich wert, der ehemalige Gefangene bei der
Wiedereingliederung in die Gesellschaft unterstützt oder in der
Ganztagsbetreuung nachmittags unseren Kinder bei den Schularbeiten hilft? Was
ist uns die Arbeit von den Beschäftigten wert, die Menschen mit Handicap durch
den Tag betreuen oder Jugendlichen, die auf der Straße leben, helfen? Darauf
gibt es nur eine Antwort: Sie sind uns sehr viel mehr wert als das mickrige
Angebot der kommunalen Arbeitgeber oder der jüngste Schlichterspruch. Die
Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsbereich verdienen endlich eine
gesellschaftliche Anerkennung, die sich nicht zuletzt im Geldbeutel und an
verbesserten Arbeitsbedingungen bemerkbar machen muss.
Diejenigen, die angesichts drohender Streiks jetzt wieder
zur Panikmache blasen oder die Beschäftigten verunglimpfen wollen sage ich nur
eins: An Streiks sind alle Tarifpartner beteiligt - auch die kommunalen
Arbeitgeberverbände. Deren miserable Verhandlungsführung hat dazu beigetragen,
dass am kommenden Donnerstag die Tarifverhandlungen weitergehen müssen und
Streiks wahrscheinlich bleiben. Es ist jetzt an Ihnen, ein Angebot auf den
Tisch zu legen, indem sich das wiederfindet, was die Beschäftigen fordern und
die Gesellschaft will: eine Aufwertung ihrer Arbeit.