Leiharbeit und Werkverträge eingrenzen und umfassenden regulieren
22.05.2015Nachdem Lohndumping durch Leiharbeit gesetzlich
eingeschränkt wurde, haben die Arbeitgeber Werkverträge als neue Möglichkeit
für Ausbeutung von Beschäftigten entdeckt. Bisher können weder die
Beschäftigten noch die Betriebsräte auf gesetzlicher Grundlage effektiv gegen
Missbrauch von Werkverträge vorgehen. Das muss sich schleunigst ändern, doch
die Bundesregierung lässt sich Zeit. DIE LINKE legt konkrete Maßnahmen auf den
Tisch.
Rede vom 21. Mai 2015 zur Antragseinbringung (Drs.: 18 / 4839)
Sehr geehrte/r Präsident/in, liebe Kolleginnen und
Kollegen,
Ausbeutung hat auf dem Arbeitsmarkt viele Namen. Ein Name
ist: »Werkverträge«.
Das Problem ist:
Die Zahl der Missbräuche steigt. Mittlerweile sind Werkverträge bekannt
für
- Lohnbetrug
- ungerechte Bezahlung
- eine unwürdige Behandlung von Beschäftigten
- und für die Spaltung von Belegschaften.
Das hat nichts mit dem zu tun, was Werkverträge einmal
waren. Es geht nicht mehr darum, dass Spezialaufgaben in den Betrieben von
externen Dienstleistern übernommen werden, z. B. Elektriker in einem
Krankenhaus oder Fliesenleger in einem Metallbetrieb. Werkvertragsbeschäftigte
übernehmen heute ganz reguläre Arbeiten. Sie ersetzten Stammbeschäftigte. Und
das zu Bedingungen weit unter Tarifstandards. Das geht doch gar nicht!
Beispiele gibt es genug, wie die Warenverräumer im
Einzelhandel. Aber auch in der Baubranche oder in der Fleischindustrie. Der
Missbrauch von Werkverträgen ist ein Flächenbrand. Dagegen muss endlich etwas
unternommen werden! Was aber macht die Regierung? Sie begnügt sich mit
Ankündigungen und lässt sich Zeit. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein
Aussitzen von Problemen. Das möchten wir nicht.
Phantasielos sind auch die Ankündigungen selbst. Die
Bundesarbeitsministerin stellt in Aussicht, dass der Zoll kontrollieren soll,
ob in den Unternehmen illegale Werkverträge zur Anwendung kommen. Was sollen
die Kolleginnen und Kollegen vom Zoll eigentlich noch alles kontrollieren?
Schwarzarbeit, Mindestlohn, Arbeitnehmerüberlassung. Schon jetzt ist der Zoll
hoffnungslos überlastet.
Anstatt das Problem engagiert zu bearbeiten, will die
Bundesregierung auch dieses Problem nur mit der Kneifzange anfassen. Ein
„bisschen" Frieden reicht uns nicht. Ein „bisschen" Regulierung von Werkverträgen
auch nicht! Zwei Punkte will ich aus unserem Antrag herausgreifen, die für eine
konsequente Regulierung der Werkverträge entscheidend sind.
Punkt 1 - Mitbestimmung: Betriebs- und Personalräte
müssen ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht beim Einsatz von Fremdfirmen im
Unternehmen erhalten. Informationsrechte, wie sie die Regierung im
Koalitionsvertrag ankündigt, reichen nicht aus! Betriebsräte müssen den Einsatz
von Fremdfirmen verhindern können! Nutzen wir den Sachverstand der
Betriebsräte! Die wissen sofort, ob mit den Werkverträgen Tarifstandards
unterlaufen werden sollen, oder nicht.
Punkt 2 - auch legale Werkverträge werden genutzt, um
Lohndumping zu betreiben! Selbst wenn Werkverträge rechtskonform angewendet
werden, also wenn die Arbeit vom Werkvertragsnehmer völlig in Eigenregie
erbracht wird, kann es sich um Tarifflucht handeln. Tarifflucht liegt eindeutig
immer dann vor, wenn diese Arbeiten von dem Betrieb vorher selbst erledigt
wurden.
Eine gesetzliche Regulierung muss auch diesem Sachverhalt
Rechnung tragen. Die Regierung scheint das vollkommen zu ignorieren. Wir als
LINKE sagen: Bei der Auftragsvergabe an Fremdfirmen, die die gleiche Arbeit
verrichten, muss auch für deren Beschäftigte ein Gleichbehandlungsgebot festgeschrieben
werden. Mit anderen Worten: Gleicher Lohn für Stammbeschäftigte und
Werkvertragsbeschäftigte! Nur so kann schon im Ansatz Tarifflucht verhindert
werden.
Ich möchte zum Schluss auf ein Problem aufmerksam machen,
dass uns auch hier im Bundestag unmittelbar betrifft: Scheinselbständigkeit! Es
ist beschämend, dass der Bundestag als Arbeitgeber über Jahre hinweg
Besucherführer als Scheinselbständige beschäftigt hat. Die nachträglich
erhobenen Sozialversicherungsbeiträge wurden nun bezahlt. Die Quittung dafür
kassiert der Beschäftigte, der dieses Unrecht offengelegt hat. Er hat zwar nach
wie vor seinen Rahmen-Arbeitsvertrag, kriegt aber keine Aufträge mehr. Er lebt
jetzt von Hartz IV.
Was für ein Signal senden wir als Parlament da aus? Wie
wollen wir überzeugend für eine gerechte Arbeitswelt einstehen, wenn schon die
Bundestagsverwaltung die Rechte von Beschäftigten mit Füßen tritt? Das ist
nicht akzeptabel!
Meine Damen und Herren, die Regulierung von Werkverträgen
muss jetzt in Angriff genommen werden. Unsere Vorschläge liegen vor Ihnen.
Machen Sie was draus!
Vielen Dank!