Bundesregierung setzt auf Mut zur Lücke beim Arbeitsschutz

19.06.2019

Zusammenfassung:

Die Bundesregierung sieht auf Nachfrage der Fraktion DIE LINKE keine Notwendigkeit für eine Anti-Stress-Verordnung und verweist stattdessen auf bestehende Instrumente des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, wie zum Beispiel die Gefährdungsbeurteilung (BT-Drs. 19/8159).

Von den Gefährdungsbeurteilungen, die durch die Arbeitsaufsicht der Länder kontrollierten wurden, waren knapp 60 Prozent „nicht angemessen“ oder „nicht durchgeführt“; etwa 40 Prozent wurden „angemessen durchgeführt“ (Zeitraum 2014-2018). In knapp der Hälfte der Betriebe in Deutschland wurde eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt. Der Anteil ist 2011 und 2015 mit knapp der Hälfte konstant geblieben. In etwa jedem fünften Betrieb wurde 2015 eine Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung psychischer Belastungen durchgeführt. Der Anteil der Beschäftigten in Betrieben mit Gefährdungsbeurteilung lag 2015 bei 80 Prozent. Psychische Belastungen wurden dabei für weniger als der Hälfte der Beschäftigten berücksichtigt.

Eine Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) muss nach Aussage der Bundesregierung auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) von allen Betrieben bestellt werden. 2015 hatten weniger als die Hälfte der Betriebe eine Sifa bestellt, 2011 waren es noch knapp mehr als die Hälfte. Der Anteil der Beschäftigten, die in Betrieben mit Sifa arbeiten, ist 2011 und 2015 mit knapp 80 Prozent konstant geblieben. In neun von zehn Betrieben mit Betriebs- und Personalrat wurde eine Sifa bestellt und in weniger als 6 von 10 Betrieben ohne Betriebsrat- und Personalrat.

Der Anteil der Betriebe mit Unterstützung durch einen Betriebsarzt ist von 2011 auf 2015 von 40 Prozent auf 35 Prozent gesunken. Wurden 2011 noch 74 Prozent der Beschäftigten durch einen Betriebsarzt betreut, waren es 2015 nur 72 Prozent. Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte mit arbeitsmedizinischer Fachkunde ist zwischen 2008 und 2017 nahezu unverändert geblieben (+2 Prozent). Im selben Zeitraum ist die Zahl der Erwerbstätigen laut Statistischem Bundesamt von knapp 41 Millionen auf knapp 44 Millionen angestiegen (+8,4 Prozent). Im Jahr 2017 hatte die Hälfte aller Arbeitsmediziner in Deutschland das Rentenalter erreicht und war 65 Jahre oder älter.

Die Bundesregierung will 2020 die nächste Betriebsbefragung im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) starten, um den Deckungsgrad von Gefährdungsbeurteilungen, Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzten zu ermitteln.

O-Ton Jutta Krellmann, MdB, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit, DIE LINKE im Bundestag:

„Mut zur Lücke, dass scheint das skandalöse Motto der Bundesregierung beim Arbeitsschutz zu sein. Bestehende Gesetze werden willentlich unterlaufen, indem Kontrolleure wegrationalisiert werden. Die Bundesregierung muss die Beschäftigten endlich wirksam schützen. Wir brauchen mehr Personal beim Arbeitsschutz und eine Anti-Stress-Verordnung. Arbeitgeber, die beim Gesundheitsschutz sparen, müssen knallhart zur Rechenschaft gezogen werden. Hierzu gilt es die betriebliche Mitbestimmung zu stärken. Eine starke Interessenvertretung ist wichtig für guten Arbeits- und Gesundheitsschutz“.

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